Etwas Ähnliches hier schon einmal Thema. Das Phänomen ist nicht auf Wahrnehmungsverben beschränkt. Meines Wissen heißen die finiten Verben dieser Konstruktionen "infinitivregierende Verben". Es gibt auch "Infinitiv-mit-zu-regierende Verben" wie scheinen, pflegen usw. Eine weitere Untergruppe innerhalb der Infinitiv-ohne-zu-Regierenden sind die Bewegungsverben (seinen Hund spazieren fahren, laufen gehen, jemanden besuchen kommen), zu denen man à la limite auch bleiben als Nullbewegung rechnen könnte (irgendwo wohnen bleiben, in der Schule klebenbleiben, die Zeit ist stehengeblieben ...). Allerdings gibt es unter ihnen auch Partizip-2-regierende Bewegungsverben (angeschlappt / angeflogen / gelaufen / geritten kommen, verloren / verschütt gehen ...).
Zu Frage 3 würde ich sagen, dass man sich beim Sprechen ja tatsächlich selbst hört. Ob man beim Schreiben tatsächlich mitliest? Schon irgendwie, als Korrekturleser, eine Art Self-Monitoring. Gemeint ist aber beim Sich-selbst-gerne-reden-Hören, dass die betreffende Person sich selbst bildlich gesprochen so gerne zuhören würde, wie einer anderen Person, deren Redestil ihr gefällt. Im Grunde ist da nur 'der Kerl ist ganz schön selbstgefällig' gemeint, und dass er in seinem Überlegenheitsgefühl gar nicht auf den Gedanken kommt, dass andere auch gerne etwas sagen würden. Daraus ergibt sich als weitere Bedeutung 'er redet zu viel und zu lange und quatscht alle anderen tot'. Das Sprachbild funktioniert nur, wenn Publikum dabei ist, nicht im stillen Kämmerlein. Schreiben mit Publikum erscheint mir schwierig, zumindest ist ein Autor, dem man beim Schreiben im Internet zusehen kann, eine seltene Erscheinung. Das wäre auch ziemlich langweilig, denn die Dynamik des gesprochenen Worts, Mimik, Gestik, auch das Tempo und die Interaktion mit dem Publikum, all das fällt komplett weg. Es wäre ein bisschen wie 'seinen Fingernägeln beim Wachsen zusehen', eher eine meditative Übung.
Außerdem sind hören - reden und lesen - schreiben nicht analog. Ansatzweise analog wären er sieht sich schon auf dem Siegertreppchen stehen oder er sieht seine Schreibübungen praktisch bereits auf Platz 1 der Bestsellerliste. Das ist ein weiterer optionaler Bedeutungsanteil von sich selbst gerne reden hören: Er redet um des Redens willen, der Inhalt ist völlig sekundär.
Erst nachträglich wird mir klar, dass wahrscheinlich eine AcI-Konstruktion gemeint ist. Eine zumindest ähnliche Konstruktion haben:
legen: Sie hat den Kleinen schlafen gelegt.
helfen: Wer kann noch helfen Stachelbeeren pflücken?
lassen: Der Graf ließ die Pferde anspannen.
schicken: Man schickte den Arzt holen.
führen: Sie führte ihre neue Kollektion spazieren.
lehren: jemanden reiten lehren (veraltet) (vlg. jn das Fürchten lehren)
beibringen: jemandem Tango tanzen beibringen (meist aber mit Artikel)
Wahrscheinlich gibt es davon noch mehr.
Einen AcI, bei dem der Akkusativ des AcI als Subjekt einer Nicht-AcI-Konstruktion realisiert werden kann, gibt es noch bei
lassen: Es ließ die Kinder weiter spielen.
haben: Er hat den Schrank jetzt im Flur stehen. Er hat einen Freund bei sich wohnen
(Für mich) erstaunlicherweise können wir nicht analog zu den Wahrnehmungsverben sagen:
erleben: *Wir erleben gerade alle die gesamte Natur den Bach runtergehen oder *Er hat im Laufe seines Lebens viele Staaten zusammenbrechen erlebt.
Oder doch?
☺ - War aber zum Glück nicht mein Beispiel
– tofro Jul 14 '17 at 10:41