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Setzt man im Fraktursatz Umlaute auf Großbuchstaben, oder umschreibt man diese mit Ae o.ä.? Ich habe bei der Verwendung der yfonts in LaTeX festgestellt, dass diese fehlen. Wie ist hier die typographische Regel?

FUZxxl
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2 Answers2

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Umlaute werden im Fraktursatz in der Regel mit nachgestelltem e wiedergegeben, wenn es sich bei dem Umlaut um Großbuchstaben (Majuskeln) handelt:

Aepfel, Oeſe, Uebung

Fraktur umlauts

Umlaute als Kleinbuchstaben werden, je nach Schrift, durch ein Trema (¨) oder durch ein übergestelltes kleines e gekennzeichnet.

Fraktur umlauts klein

Historischer Nachsatz:

Im Mittelalter wurde ein langer Umlaut durch die Ligatur (Æ), ein kurzer Umlaut mit Trema (Ä) oder übergestelltem e (Aͤ ) geschrieben. Mit Aufkommen des Buchdrucks wurden Trema und übergestelltes e bei den Großbuchstaben unüblich, weil die Schriftkegel (der rechteckige Block, der den einzelnen Buchstaben trägt) die Höhe der umlautlosen Großbuchstaben hatten und keinen Platz für Trema oder e boten.

Ältere Drucke aus der Zeit des Barock (als die Großschreibung eingeführt wurde) verzichteten deshalb häufig auf die Umlaute und schrieben an ihrer Stelle die nicht umgelauteten Vokale A, O und U (so liest man bei Harsdöffer von den "Apfeln"). Später wurden als Behelf die Punkte oder das e teilweise in den Kreis des O, zwischen die Aufstriche des U oder neben die Spitze des A gestellt.

Erst Anfang des 20. Jahrhunderts wurden die Schriftkegel aufgrund eines Beschlusses der Buchdruckerei- und Schriftgießereibesitzer von 1903 entsprechend vergrößert und die typografischen Notbehelfe verschwanden allmählich.


splattne
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  • Danke schön! Ist das irgendwo festgeschrieben oder (nur) typographische Konvention? Übrigens: wie heißt dieser schöne Frakturfont? – FUZxxl Jun 07 '11 at 17:52
  • Ich kenne leider kein Regelwerk dazu. 2. Fonts kann man hier testen: http://new.myfonts.com/search/Fraktur/fonts/
  • – splattne Jun 07 '11 at 17:56
  • Ich habe auch schon Majuskel mit darübergestelltem, kleine e gesehen. Aber das ist wohl mehr eine schriftgestalterische Finesse denn eine anerkannte Variante. – Tomalak Jun 07 '11 at 17:59
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    @Tomalak doch, das ist sehr häufig zu sehen; konnte leider keinen Computerfont entdecken, der dies automatisch beherrscht. – splattne Jun 07 '11 at 18:08
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    @splattne Man kann die yfonts in LaTeX benutzen und statt \"a einfach \*a eingeben - das gibt einem ein a mit einem kleinem e darüber. – FUZxxl Jun 07 '11 at 18:18
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    @FUZxxl LaTeX ist wunderbar. Leider steht nicht jeder auf Latex. ;-) – splattne Jun 07 '11 at 18:25
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    @splattne Ich habe gerade einen feature request gepostet, dass diese Form der Umlaute auch für die wunderschöne Schriftart Linux Libertine verfügbar wird. – FUZxxl Jun 07 '11 at 18:34
  • Ich hab mal eine Frage auf tex.SE gestellt. Die haben mich auf den Codepoint U+0364 hingewiesen, der genau das macht. Leider muss der Font das auch unterstützen: aͤ. – FUZxxl Jun 07 '11 at 19:10
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    @Hellenologophilist Das ist weder festgeschrieben noch typografische Konvention, sondern ein der Ökonomie geschuldeter Notbehelf. Siehe meine historische Ergänzung. –  Mar 05 '13 at 21:34
  • Noch eine Anmerkung zum Trema: ich habe noch in den 60er Jahren "Striche" ('') und nicht Pünktchen (¨) gelernt. Das ist vermutlich auf ein Überbleibsel der Sütterlinschrift zurückzuführen, bei der ein übergestelltes 'e' wie zwei (verbundene) Striche aussieht (siehe Bild). – Takkat Mar 06 '13 at 09:02